Sakrale Kunst in Äthiopien
Herstellung von Büchern
Das Buch mit dem geschriebenen Wort des Evangeliums ist das wichtigste Medium der Kirche deshalb wird besondere Sorgfalt auf das Herstellen von Büchern gelegt. Obwohl das Patriarchat in Addis Abeba seit dem frühen des 20 Jh. eine eigene Druckerei betreibt, ist die Buchherstellung von Hand ; im Gegensatz zu Europa, wo nach der Erfindung des Buchdrucks im 16. Jh. dieses Wissen verloren ging, werden in Äthiopien bis auf den heutigen Tag Bücher aus Pergament von Hand geschrieben und gebunden.
Die meisten Bücher in Äthiopien sind nicht mit Bildern illuminiert, sie dienen in erster Linie dem Erlernen des Textes. Typischer Schmuck eines wertvolleren äthiopischen Manuskriptes sind die harägs, Zierleisten in oft kunstvollen Flechtformen und kleine gezeichnete Schnörkel und Vignetten.
Die Grundlage eines jeden von Hand gefertigten Buches ist das Pergament. Es wird heute meist aus Ziegenhaut hergestellt. Die abgezogene Haut wird einige Tage in Wasser, dem Kalk zugesetzt wird, eingeweicht. Danach werden Fell und Fleischreste abgeschabt und die Haut zum Trocknen in ein Gestell aus Ästen eingespannt und senkrecht zum Trocknen aufgestellt. Anders ist das bei Häuten, die für Felle gebraucht werden, diese werden an Pflöcken über den Boden zum Trocknen ausgespannt. Nach dem Trocknen wird das fertige Pergament mit Bimsstein geschliffen und zugeschnitten. Dann kann es beschrieben werden.

Die Arbeit in einem Skriptodium, der Schreibwerkstatt eines Klosters, wird seit vielen Jahrhunderten in gleicher Weise ausgeführt. Der Schreiber sitzt auf dem Boden oder einem kleinen Hocker. Zuerst ritzt er mit einem Eisengriffel und einem kleinen Lineal Linien für die Zeilen in das Pergament, dann beginnt er mit der Schreibarbeit. Dabei hält der Kalligraph das Pergament auf den Knien, wie es die Abbildungen der schreibenden Evangelisten aus den äthiopischen Evangeliaren zeigen. Das Tintenhorn (qäläm kend) mit der aufgelösten Tinte steckt fest im Boden. Mit der vorbereiteten Feder aus shambuko (Arundo donax) zieht er in großer Kunstfertigkeit Buchstaben für Buchstaben. Rote Tinte wird für besonders wichtige Wörter und Passagen benutzt, Schwarz für den normalen Text. Es gibt Bücher, in denen jeder Buchstabe besonders sorgfältig in unterschiedlichen Farben geschrieben wurde.

In der Regel arbeitete ein Skriptorium in der Zeit von Dienstag bis Freitag; Samstag und Sonntag gehörten dem Dienst an der Liturgie und anderen Aufgaben; auch an einem Montag durfte nicht an einem wichtigen Manuskript gearbeitet werden, dieser Tag wurde zu Vorbereitungsarbeiten genutzt.
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